Mitislaw der Moderne
Operette von Franz Lehár
Text von Fritz Grünbaum und Robert Bodanzky
In einer Bearbeitung von Hauke Berheide und Amy Stebbins
- Kleines Haus
Die Totalität der Züge zu bestimmen, in denen das ‚Moderne‘ sich ausprägt, hieße die Hölle darstellen.
Walter Benjamin
1907: Im Eröffnungsjahr des Stadttheaters Gießen parodiert der erfolgreiche Operettenkomponist Franz Lehár sich selbst: Im Anschluss an jede Vorstellung seines Erfolgsstücks „Die lustige Witwe“ kann man sich im Kabarett „Die Hölle“ im Keller des Theaters den Einakter „Mitislaw der Moderne“ ansehen. In der verruchten Atmosphäre der „Hölle“ ist zu erleben, wie der verwöhnte Prinz Mitislaw, der in Paris nach der neuesten Mode ausgebildet wurde, in sein Heimatland Benzinien zurückkehrt. Benzinien aber ist überhaupt nicht modern, sondern eine sittenstrenge Militärdiktatur. Hört der Spaß moderner Sitten bei der Partnerwahl auf oder fängt er da erst richtig an? Und welche Moderne ist hier überhaupt gemeint?
Mit
- Zoe / Prinzessin Deodorante von Odolien Julia Araújo
- Conferencié / Octave / Mitislaw Tomi Wendt
- Baron Theophil / Thaddäus Jerzabinka de Wickza Clarke Ruth
- Claire Tillier / Tina Jerzabinka Izabella Radić
- Historischer Zensor Gregor Aistleitner
- Zensor*in Max Böttcher
- Grisetten Anna Maistriau, Olga Wallenhauer, Antje Tiné
Man fühlt sich pudelwohl, darf schmunzeln, befreit lachen. Eine Pointe jagt die nächste.
Gießener Anzeiger
Anderthalb Stunden lang wird das Publikum in der wieder ans Tageslicht beförderten Operette »Mitislaw der Moderne« von Franz Lehár prächtig unterhalten. Mit vielerlei Anspielungen auf unsere Gegenwart - zum Beispiel mit Seitenhieben auf das Gendern - ist der Einakter aus dem Jahre 1907 kräftig aufpoliert worden, so dass er das »Moderne« im Titel völlig recht trägt. Die angegraute Operette mit Altherrenwitzen kommt nun mit Humor 2.0, frivolen Späßen und flotter Musik daher. Alle kriegen ihr Fett weg, denn das Ganze hat ohnehin mehr mit frechem Kabarett als mit Operettenseligkeit zu tun. […]
Motor des Spiels ist Bariton Tomi Wendt, ein wandlungsfähiger Tausendsassa, der sich wieder einmal als komödiantische Allzweckwaffe entpuppt. Mit einer gehörigen Portion Wiener Schmäh begrüßt er zu Beginn als Conférencier im rot-goldenen Rock und mit Zylinder die Gäste im Foyer, trifft als Mitislaw genau den leichten, verspielt-ironischen Ton des Dandys und spielt im schmachtenden Duett mit Prinzessin Deodorante (Julia Araújo) voller Zartgefühl die Geige.
Im hellen, langen Seidenkleid ist Julia Araújo reizend und führt ihre Stimme - etwa im Schlüsselloch-Lied - in schwindelnde Höhen. Und sie zeigt, dass auch ihr der Schalk im Nacken sitzt. Als militaristischer Diktator bringt Clark Ruth seinen kräftigen Bass in Stellung und zückt seinen Revolver, wenn es darum geht, Regimekritiker zum Schweigen zu bringen. Dass er nicht nur mit dem Schießeisen, sondern auch mit der Gitarre umzugehen versteht, stellt Ruth an anderer Stelle eindrucksvoll unter Beweis. Als vielseitige Bühnenkünstlerin erweist sich ebenfalls Izabella Radic, die genauso auf der E-Orgel spielt, wie sie die von ihrem Mann vernachlässigte Gräfin glaubhaft verkörpert und singt: »So haben wir es gern, sei modern!«
Gießener Anzeiger
Im verruchten Ambiente der Gießener »Hölle« von Ausstatterin Alena Hoffmann mit schicken Kostümen, abgewetzten Teppichen, einem lila Ohrensessel und dem Bild von Kaiserin Sisi an der Wand ist am Sonntag zu erleben, wie der verwöhnte Prinz Mitislaw nach seiner Pariser Ausbildung in die Militärdiktatur des Heimatlandes zurückkehrt. Der Spaß kann beginnen. […]
Star des Abends ist Bariton Tomi Wendt. Seine drei anzüglichen Rollen (Conférencier, Octave und Mitislaw) sind ihm auf den Leib geschrieben. […] Er agiert mit Wiener-Slang, seine Lieder haben Schmäh, er pfeift und spielt Violine.
Gießener Allgemeine
Furios! Das Spiel ist witzig, es überzeichnet, ist albern. Bis in kleine Gesten hinein auf den Punkt. […] Stadttheaterurgestein Tomi Wendt [ist] darstellerisch und sängerisch einfach eine Wonne.
hr2 Frükritik
Haus der Karten
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