In jeder Ecke stößt man auf Erinnerungen
Deine Karriere hast du hier in Gießen begonnen. Was war das für eine Zeit für dich?
Ich hatte in Würzburg, Karlsruhe und Freiburg studiert. Über eine Agentur wurde mir die Partie der Zweiten Dame in Mozarts „Zauberflöte“ am Stadttheater vermittelt. Das war zu einer Umbruchszeit zwischen der Intendanz von Robert Tannenbaum und Guy Montavon. Als Montavon 1996 kam, habe ich ihm auch nochmals vorgesungen und wurde fest ans Haus übernommen. Unter beiden Intendanzen war die Atmosphäre am Haus sehr unterstützend, gerade für mich als blutige Anfängerin. Besonders von den Kolleginnen und Kollegen im Ensemble konnte ich viel lernen, zum Beispiel was Disziplin angeht, dass man bestens vorbereitet sein muss – und gleichzeitig war der Umgang miteinander immer ganz unkompliziert. Direkt in meinem zweiten Jahr durfte ich dann auch die Charlotte in Massenets „Werther“ singen. Das war natürlich großartig. Auch meinen späteren Mann habe ich hier kennengelernt – das ist natürlich sehr besonders für mich. Es war eine sehr schöne Zeit!
Was für Partien hast du damals hier gesungen?
Ruggiero in Händels „Alcina“, Prinz Orlofsky in Strauß‘ „Die Fledermaus“, Cherubino in Mozart „Le nozze di Figaro“ oder auch die Gianetta in Donizettis „L’elisir d’amore“. Auch weniger geläufige Partien wie die Teresa in „Sade/Teresa“ des französisch-rumänischen Komponisten Marius Constant habe ich übernommen.
Mir blieb auch noch besonders die Néris in Cherubinis „Médée“ im Gedächtnis. Michael Hofstetter, der auf historische Aufführungspraxis spezialisiert ist, war damals zum ersten Mal Musikdirektor hier am Haus und musikalischer Leiter der Produktion. Bei einem Stück mit so vielen Verzierungen wie in „Médée“ war das eine tolle gemeinsame Arbeit mit ihm.
Monica Mascus als Teresa in der Uraufführung „Sade/Teresa“ von Marius Constant 1997 am Stadttheater Gießen
Wie ging es nach dem Stadttheater für dich weiter?
Bei jener Produktion von „Médée“ hatte mich die designierte Intendantin von Koblenz Annegret Rietzel kennengelernt. Weil mein späterer Mann als Chordirektor dort hinging, habe ich vorgesungen und war anschließend sehr lange fest am Haus, konnte viele weitere Fachpartien besonders aus dem französischen und auch deutschen Repertoire singen, bevor ich dann in die Freiberuflichkeit gegangen bin.
Bist du seit deinem Engagement seither nochmal in Gießen gewesen? Wie ist es wieder hier zu sein für dich?
Nach meinem Festengagement hier in Gießen bin ich noch einmal als Hänsel in Humperdincks „Hänsel und Gretel“ eingesprungen. Als ich für die Larina vor ziemlich genau einem Jahr am Stadttheater vorgesungen habe, war ich dann tatsächlich zum ersten Mal wieder in der Stadt. Zu diesem Anlass habe ich dann auch liebgewonnene Orte wie den Alten Friedhof zum ersten Mal nach langer Zeit wieder aufgesucht. In jeder Ecke stößt man auf Erinnerungen. Dass es geklappt hat und ich nun hier einmal wieder auf der Bühne stehe, hat mich sehr gefreut und ist für mich eine sehr schöne Erfahrung – gerade auch weil das jetzige Ensemble besonders freundlich ist.
Das Gespräch führte Christian Förnzler
Als Larina ist Monica Mascus derzeit in der aktuellen Neuproduktion von Tschaikowskis „Eugen Onegin“ wieder am Stadttheater zu erleben.