Der Universalkünstler

Martin Andersson ist professioneller Pianist, studierter Dokumentarfilmer, Performance-, Klang- und Videokünstler – und nun auch noch Opernregisseur. Ann-Christine Mecke stellt den vielseitigen Künstler vor.

Foto: Daniel Schwartz

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Bei der Anreise zu den „Tosca“-Proben in Gießen hatte Martin Andersson einiges zu transportieren: Ein E-Piano zum Üben, sein Fahrrad, um in der Stadt überall hinzukommen, die Bassklarinette für das Jazzkonzert sowie, natürlich, Computer und externe Festplatte mit dem Videomaterial aus Italien: Bereits im November ist der Regisseur mit den drei Hauptdarsteller:innen und einem kleinen Team nach Rom gereist, um die von ihm erdachte Vorgeschichte von Tosca, Cavaradossi und Scarpia zu verfilmen. Wäre die Handlung von „Tosca“ nicht vollständig fiktiv, könnte man von einem Dreh an „Originalschauplätzen“ sprechen. Die mitgebrachten Filmsequenzen werden Teil der Gießener Aufführung werden.

Martin Andersson ist eine Art Universalkünstler: Er spielt professionell Klavier, diverse andere Instrumente und komponiert eigene Musik, er ist Performance-, Klang und Videokünstler, studierter Dokumentarfilmer, manchmal auch Schauspieler – und nun auch noch Opernregisseur. Dabei ist ihm die Opernbühne als Arbeitsfeld nicht neu, denn als Videokünstler arbeitete er schon oft für die Oper, unter anderem an der Opéra National du Rhin, am Salzburger Landestheater, an der Wiener und der Stuttgarter Staatsoper. Die Arbeit für Frank Castorf, als Videoregisseur für Charles Gounods Oper „Faust“ und als Theatermusiker für die Uraufführung „Schwarzes Meer“ war dabei wohl am prägendsten. „In der Zusammenarbeit mit Frank hatte ich eine große Freiheit, das war fantastisch. Und bei ihm habe ich verstanden, dass Perfektion nicht das Ziel der Kunst ist, sondern Ausdruck. Und dafür müssen wir Risiken eingehen. Die Möglichkeit des Scheiterns ist ein ständiger Begleiter der Kunst.“

Martin Anderssons letzter Ausflug in die Schauspielerei war ganz nebenbei auch eine Vorbereitung auf die Gießener Inszenierung: Er wollte noch einmal am eigenen Leib spüren, welche Regieanweisungen einem Darsteller helfen und welche nicht, bevor er selbst diese Aufgabe übernimmt. Und so bewarb sich Andersson bei der Dresdner Bürgerbühne und stand in dem Stück „Appetit“ auf der Bühne, das sich mit der Lebensmittelherstellung auseinandersetzt. Auch dazu hat er eine besondere Beziehung, denn Martin Andersson ist studierter Agrarwissenschaftler und Ökologe – als Künstler auf der Suche im Spannungsfeld von Musik, Video und Naturwissenschaft beschreibt er sich selbst. Und so sind seine Ausdrucksmittel so vielfältig wie seine Interessen: In Prag improvisierte er an einem brennenden Klavier, für die Videos zur Wiener „Faust“-Produktion ließ er sich von Gustav Klimt inspirieren, seine Videos für „Rusalka“ erinnern hingegen an den Film Noir; für seine Musik nutzt er Einflüsse lateinamerikanischer Musik und probiert begeistert neue elektronische Spielzeuge aus – und manchmal macht er auch einfach nur Musik mit Hilfe einer Wand.

Für seine erste Operninszenierung ist ihm vor allem Verständlichkeit wichtig: „Ich möchte auch für Leute eine Oper inszenieren, die eigentlich nicht in die Oper gehen. Dabei ist meine Arbeitsweise stark vom Film geprägt.“ An „Tosca“ interessiert ihn besonders die Situation in einer Gewaltherrschaft: „Man sieht hier exemplarisch, wie sich drei Menschen in einer Diktatur verhalten: Scarpia hat sich entschieden, für das System zu arbeiten und von ihm zu profitieren. Cavaradossi hingegen arbeitet im Widerstand. Und Tosca dachte bisher, dass sie sich nicht entscheiden muss. Wir erleben den längsten und schrecklichsten Tag in ihrem Leben, an dem sie feststellt, dass sie sich geirrt hat.“

Wie seine Inszenierung aussieht, wird man ab 25. März auf der Bühne des Großen Hauses erleben können. Wer noch andere Facetten des Universalkünstlers kennenlernen möchte, hat dazu am Tag vor der „Tosca“-Premiere Gelegenheit: Gemeinsam mit seinem künstlerischen Partner Tim Wolf (Kontrabass) gibt Andersson ein Konzert mit Nordic Jazz, ergänzt durch eigene Videoarbeiten.

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