Warten ist keine Option

Liebes Publikum,

80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz und wenige Stunden nach dem Gedenken an die Opfer des Holocaust im deutschen Bundestag fallen sich Rechtsextreme in eben diesem Parlament jubelnd in die Arme, weil sich ein womöglich künftiger deutscher Bundeskanzler nicht mehr zu schade ist, Mehrheiten mit ihnen zu organisieren oder zumindest in Kauf zu nehmen.

Einer der reichsten Männer dieses Planeten reckt vor den Augen der Welt siegreich den rechten Arm und mischt sich vor 4.000 Anhänger*innen einer in Teilen faschistischen Partei in den Wahlkampf ein, um dem rechten Rand in die Mitte der Macht zu verhelfen.

In Österreich ist man schon einen Schritt weiter und wählt womöglich einen „Volkskanzler“…

Ende der Aufzählung, obwohl sie nicht zu Ende ist. Postfaschismus, Geschichtsrevision, Nationalismus, Allmachtsfantasien und autokratische Herrschaftsmodelle sind keine Einzelfälle im politischen Alltag in Deutschland, Europa und der Welt.

Was tun?

 „Ich warte auf den Sieg der Anständigkeit, dann könnte ich mich zur Verfügung stellen“, sagt Fabian in Erich Kästners hellsichtigem Roman „Fabian – oder der Gang vor die Hunde“. Die Titelfigur beobachtet, wie sich eine antidemokratische Kraft mit den Mitteln der Demokratie an die Spitze schiebt, wie Extremismus und Gewalt eine Gesellschaft spalten, wie der junge Versuch kassiert wird, ein vielstimmiges, weltoffenes und demokratisches Miteinander zu organisieren.

Wir kennen den Ausgang und wir wissen um die Tatsache, dass die intellektuelle Analyse – sei sie noch so klug - die Welt nicht rettet vor dem Abgrund.

Warten ist also keine Option. Schon für Fabian war es keine wirklich gute Idee. Mit der Erfahrung des Holocaust im Rücken darf es für uns heute keine sein.

Viele Menschen gehen derzeit wieder auf die Straße. Für Demokratie und gegen die Kräfte von rechts, die die Demokratie benutzen wollen, um sie zu zerstören. In Berlin, Hamburg, Bremen und am Samstag, den 8. Februar, ab 14. 30 Uhr auch hier in Gießen.

Gut, wenn möglichst wenige zuschauen und viele sich anschließen.

Wir sind ein internationales Haus, an dem viele unterschiedliche Mitarbeitende verschiedenster Herkunft miteinander arbeiten. Unsere Kunst wendet sich an alle hier lebenden Menschen.  Rechte Ideologie und eine Politik, die diese auch nur ansatzweise zulässt, bedrohen die Kunstfreiheit, bedrohen die Theater als offene Orte des urbanen Lebens.

Wir schließen uns dem breiten demokratischen Protest an. Wir spielen „Fabian – oder der Gang vor die Hunde“ am 8. Februar als Warnung, aus der Geschichte zu lernen und „Mitislaw der Moderne“ als Satire auf herrschsüchtige Despoten, die nur auf den ersten Blick lächerlich wirken, aber brandgefährlich sind.

Wir gedenken an die Taten von Hanau mit einem Konzert am 19. Februar und mit einer Lesung am 24. Februar an den brutalen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine.

Wir versuchen etwas zu bewirken. Wir schauen nicht zu.  

Simone Sterr

This website is using cookies to provide a good browsing experience

You can decide for yourself which categories you want to allow. Please note that based on your settings, not all functions of the website may be available.

This website is using cookies to provide a good browsing experience

You can decide for yourself which categories you want to allow. Please note that based on your settings, not all functions of the website may be available.

Your cookie preferences have been saved.