Kultur im Zeichen der globalen Klimaveränderung

„Der Wandel ist möglich, weil er unumgänglich ist“
Tyson Yunkaporta

„Die Einschläge werden härter und kommen schneller. Wir sind in einer Notlage und bewegen uns in Richtung Katastrophe.“
Inger Andersen, Generalsekretärin des UN-Umweltprogramms


Apokalypse, Chaos, Katastrophe. Gerade wir, im wohlhabenden Teil der Welt dürfen tunlichst nicht, wie es zahllose Blockbuster, Serien und Videospiele vorführen, die drohende Apokalypse als alternativlos hinnehmen und aufhören die Zukunft als eine mögliche, bessere Welt zu antizipieren. Die zahlreichen Mars- und sonstigen Weltraum-Ideen entrückter Milliardäre sollten ebenso im Reich der Märchen und Fantasy-Erzählungen verbleiben wie das blinde Vertrauen einiger Ewiggestriger in ungebremstes Wachstum und die sogenannten selbstregulierenden Märkte als Lösung des Problems. Es ist zudem nicht ratsam, die letzten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, der Katastrophe zu entkommen, mit permanent negativer Wortwahl zu besetzen. Wir lesen täglich von Verzicht und Zwang. Die schönen, bereichernden Aspekte von Entschleunigung und nachhaltiger Lebensweise werden viel zu selten kommuniziert. Wir brauchen positive Geschichten. Erzählungen, die Mut machen und motivieren. Dies jedoch ohne die Brisanz der Situation zu verschleiern. Kein Schönreden. Keine Ausflüchte. Der sogenannte globale Süden leidet unter unserer kapitalistischen, zerstörerischen Lebensweise schon viel zu lang. Auch kleine Schritte können große Wirkung haben, sofern es immer mehr aktive Menschen hierzulande werden, die konsequent nachhaltig denken und handeln. Denken ohne zu Handeln ist allerdings schlecht. Uns bleibt dafür schlicht keine Zeit. Führende Transformationswissenschaftler:innen wie etwa Maja Göpel fordern seit geraumer Zeit einen dringend notwendigen Kulturwandel. Einen grundlegenden Wandel. Einen radikalen Wandel. Ja, radikal ist in diesem Zusammenhang nicht das falsche Wort. Das derzeitige Nicht-Handeln ist vergleichbar dem Frosch, der ruhig im Kochtopf sitzen bleibt, obwohl das Wasser im Topf langsam aber stetig heißer wird. Er bleibt im Wasser, bis er kocht. Wir sollten schnell handeln, herausspringen.

Die Kulturstiftung des Bundes fördert das Stadttheater Gießen

Das Stadttheater Gießen ist gemeinsam mit 25 weiteren Kulturinstitutionen aus zahlreichen Bewerbungen ausgewählt worden, im Rahmen des „Fonds Zero“ der Kulturstiftung des Bundes einen Beitrag zum dringend erforderlichen Wandel zu leisten. Das Stadttheater Gießen wird eine Klimabilanz nach dem transnational anerkannten Greenhouse Gas Protocol erstellen – (einem standardisierten Verfahren zur Erfassung und Behandlung von Klimarisiken in Institutionen und Unternehmen. Gleiches werden wir für das im Rahmen der Förderung zu erarbeitende künstlerische Projekt „50 Degrees Of Now“ tun. Anhand der aus der Klimabilanz gewonnenen Daten und Fakten wird es möglich sein, Verbesserungen bei Ressourcenverbrauch, Müll und Ausstoß von Treibhausgasen in den Blick zu nehmen, gezielt anzugehen und planerisch die zukünftige Ausrichtung kritisch und analytisch zu betrachten. Die Kulturstiftung des Bundes unterstützt die ausgewählten Institutionen beratend während der gesamten Projektlaufzeit. Die Produktion „50 Degrees Of Now“wird konsequent klimaneutral durchgeführt. Die Klimabilanz des künstlerischen Projekts wird nach Fertigstellung von unabhängiger Stelle zertifiziert. Auch dies ist ein wichtiger Bestandteil der Förderung durch die Kulturstiftung des Bundes. Dazu erproben wir über einen längeren Zeitraum neue, nachhaltige Möglichkeiten des Bühnenbaus und setzen diese schrittweise um. Welche Materialien, welche nachhaltigen Grundmodelle können wir in Zukunft, auch über die Produktion „50 Degrees of Now“ hinaus verwenden um klimaschonender und effizienter zu produzieren ohne das künstlerische und ästhetische aus den Augen zu verlieren? Welche Recycling- und Upcycling-Methoden sind für ein Theater auch in größerem Umfang praktizierbar? Mit diesen und anderen Fragen zum Thema Nachhaltigkeit im Kulturbetrieb werden wir uns in den kommenden Monaten intensiv beschäftigen. Wir werden hausintern und mit geladenen Expert:innen mögliche Szenarien durchspielen, praktisch erproben und fortwährend evaluieren. Im Austausch mit anderen geförderten Institutionen werden wir daran arbeiten unsere Häuser zukunftsfähiger zu machen. Wir laden sie ein, liebes Publikum: Zu Gesprächen und Sonderveranstaltungen, zum Austausch von Ideen und nicht zuletzt zum Besuch der Aufführungen von „50 Degrees Of Now“ im Sommer 2024.

Auf Basis des Romans „Das Ministerium für die Zukunft“ von Kim Stanley Robinson werden wir darüber hinaus eine utopische Geschichte erzählen, die letztlich Hoffnung machen kann und trotzdem und deswegen nicht ohne realistische und umsetzbare Szenarien entworfen ist. „Climate Fiction“ nennt sich eine relativ neue literarische Richtung, die sich mit utopischen Zukunftsszenarien auseinandersetzt und unter Verwendung valider wissenschaftlicher Fakten fiktive Erzählungen hervorbringt. Wir brauchen diese neuen Erzählungen. Dringend.

„Wir selbst sind“, wie der Philosoph Markus Gabriel in seinem jüngsten Buch schreibt, „nicht nur das Problem, wir sind auch die einzige Lösung! Die anderen Lebewesen auf diesem Planeten werden nicht an ihrem CO2-Ausstoß arbeiten oder ihre Konsumwünsche verändern. (…) Weil wir zur Einsicht in die Grundlagen unseres Handelns fähig und in der Lage sind zu definieren, wie wir als Menschen sind, können wir uns auch ändern.“ Tun wir es! Jetzt.

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