Prothesen der Autonomie
Sci-Fi-Oper von Thierry Tidrow
Text von Franziska vom Heede
- Doppelabend mit Valerie’s Voice
- Kleines Haus
Jeder hat das Recht auf Sterilität, Purismus und die Überwindung des Zwischenmenschlichen zum Schutz vor psychischen Verletzungen.
Franziska vom Heede
Zwei Kammeropern der letzten Jahre widmen sich unterschiedlichen Formen einer futuristischen Frauenherrschaft: In Thierry Tidrows „Prothesen der Autonomie“ für Mezzosopran und Instrumentalensemble befinden wir uns in einem „post-utopischen Matriarchat“; Opern werden nur noch von Cyborgs dargeboten, um Sänger:innen vor der emotional belastenden Arbeit der Einfühlung zu schützen. Und in Christofer Elghs „Valerie’s Voice“ für Sopran und 4 E-Gitarren wird die „biologische Katastrophe“ Mann kurzerhand abgeschafft.
Eine Koproduktion mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt
Mit
- SIE Ani Aghajanyan, Daria Tymoshenko
- Violine Anna Rothe
- Violoncello Leon Capar
- Akkordeon Nemanja Lukic
- Synthesizer Jorge Medina
„[Eine] originelle, durchaus witzige und unterhaltsame Darbietung zweier zeitgenössischer Kurzopern, die jeweils aus unterschiedlicher Perspektive ein Bild futuristischer Frauenherrschaft entwerfen. Was auf den ersten Blick sehr theorielastig klingt, entpuppte sich auf der Bühne als augenzwinkernder Theaterspaß, bei dem auch das Nachdenken und Infragestellen der traditionellen Geschlechterrollen nicht zu kurz kamen. Das eigentlich Erfreuliche war jedoch, dass der Abend überwiegend von jungen Menschen gestaltet wurde, die allesamt am Anfang einer künstlerischen Laufbahn stehen. […] Das fünfköpfige Instrumentalensemble gibt eine hervorragende Vorstellung und lässt einen immer wieder staunen, zu welcher Klangfülle die spärliche Besetzung fähig ist.“
Thomas Schmitz-Albohn, Gießener Anzeiger, 23.01.2023
„Der schwedische Komponist Christofer Elgh verarbeitete in VALERIE’S VOICE für Sopran und 4 E-Gitarren das ’SCUM-Manifest’ von Valerie Solanas: ein historisches Dokument eines radikalen Feminismus […]. Als lose zusammenhängende Nummern komponiert, lässt das Stück der Regie viel Freiheit, die in Gießen eine Handlung um eine irre Mad-Max-Cyperpunk-Wissenschaftlerin (überzeugend in ihrer abgebrühten Lässigkeit: Theresa Bub) spinnt, die an den E-Gitarristen Experimente vollzieht, nur um am Ende eine Cyborg in einem Techno-Ei auszubrüten. Die Cyborg ist dann auch das Bindeglied zum zweiten Stück: PROTHESEN DER AUTONOMIE des Frankokanadiers Thierry Tidrow – für Mezzosopran und ein vierköpfiges Instrumentalensemble aus Violine, Cello, Akkordeon und Synthesizer. Darin entwickelt der Komponist mit der Librettistin Franziska vom Heede ein Zukunftsszenario, das auf einem post-utopischen Matriarchat basiert, welches allen Menschen psychische Unversehrtheit garantiert. […] Tidrow komponiert einen emanzipatorischen Befreiungsversuch der Cyborg […], indem er sie einschlägige Klassiker des Repertoires (Mozarts Gräfin, Puccinis Cio-Cio San und Bergs Lulu) dekonstruieren und schließlich fragen lässt: Wieso soll ich denn schon wieder sterben? Mit der natürlichen Folge ihrer eigenen Demontage. Der Abend ist kurzweilig und unterhaltsam […].“
Ulrike Hartung, Die Deutsche Bühne, 21.01.2023
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