Jahr der Erinnerungskultur
Reihe von Ayşe Güvendiren
- Foyer Großes Haus
Opfer und Überlebende sind keine Statist:innen, sie sind die Hauptzeug:innen der Geschehnisse.
İbrahim Arslan
Mölln, 23. November 1992. Solingen, 29. Mai 1993. Hanau, 19. Februar 2020. Die Historie dieses Landes trägt viele Narben. Doch es sind die Leiber der „Anderen“ die seither bluten. Sie markieren irreversibel die bundesrepublikanische Landkarte, wir hingegen beziffern lediglich ihre Körper. Wir nennen die Orte. Wir kennen die Städte. Doch wir können sie uns nicht merken. Es sind zu viele; Einzelfall, für Einzelfall, für Einzelfall. Menschenleben werden zu Zahlen, Individuen zur anonymen Masse. Wir studieren Statistiken, doch kennen ihre Gesichter nicht. Wir wissen um die Opfer, doch kennen ihre Geschichten nicht. Unsere ungeübten Zungen verknoten sich bereits beim Versuch der korrekten Aussprache ihrer Namen. Mit dem „Jahr der Erinnerungskultur“ in der Spielzeit 2022/2023 schauen wir auf diese gegenwärtigen Schmerzpunkte innerhalb unserer Gesellschaft. Wir möchten gedenken. An die Mordopfer. Wir möchten erinnern. Mit den Opferfamilien. Unter der Leitung von Ayşe Güvendiren wollen wir uns mit Performances, Lesungen, Interventionen und Podiumsgesprächen als Gießener Stadttheater über die gesamte Spielzeit hinweg daran erproben, Theater als widerständige Erinnerungsarbeit zu etablieren. Umtrieben von der Sehnsucht nach einer solchen künstlerischen Erinnerungspraxis werden wir uns u.a. mit einem mobilen Teegarten, einem Çay Bahçesi, in den Gießener Stadtraum begeben und damit den Versuch unternehmen, erinnerungskulturelle Narrative in die Stadtgesellschaft zu tragen.
Haus der Karten
Theaterkasse + Tickets im Dürerhaus
Kreuzplatz 6, 35390 Gießen
Infos und Karten
Tel.: 0641-7957 60/61
theaterkasse@stadttheater-giessen.de