Heranwachsen

Eugen Onegin

Oper von Pjotr Tschaikowski
Text von Konstantin Schilowski und Pjotr Tschaikowski
Nach dem gleichnamigen Roman in Versen von Alexandr Puschkin
In russischer Sprache mit deutschen Übertiteln

  • Premiere 23. March 2024
  • Großes Haus

Nie – das Beieinander, stets – das Auseinander. Meine erste Liebesszene war eine Nicht-Liebesszene: er liebte nicht (das sah ich), darum setzte er sich nicht, sie liebte, darum stand sie auf. Dann ist sie auf die Bank zurückgesunken und sitzt nun so, und so wird sie ewig sitzen. Tatjana sitzt ewig auf jener Bank.
Marina Zwetajewa

Als sich Tatjana Larina und Eugen Onegin zum ersten Mal in der Provinz begegnen, verliebt sich die junge Frau sofort in den unbekannten Großstädter. Doch dieser kann mit ihrer Liebe nichts anfangen. Jahre später sehen sich beide wieder und Eugen entdeckt seine Gefühle zu Tatjana. Doch es ist zu spät: Sie ist verheiratet und will ihren eigenen Weg ohne ihn gehen. Mit seinen lyrischen Szenen wollte Pjotr Tschaikowski ein „intimes Drama“ erschaffen, das auf Konflikten beruht, die er selbst erfahren oder gesehen hatte. Bis heute scheinen die schmerzlichen Erfahrungen der handelnden Figuren in „Eugen Onegin“ zeit- und ortlos zu sein. Dafür erfand Tschaikowski eine zutiefst emotionale Musiksprache, die die jungen Protagonist*innen und ihre Sehnsüchte charakterisiert.


Sat 11.5.2024
19:30 h - Einführung um 19:00 | Foyer Großes Haus


Thu 23.5.2024
19:30 h - Einführung um 19:00 | Foyer Großes Haus


Sat 08.6.2024
19:30 h - Einführung um 19:00 | Foyer Großes Haus


Sat 22.6.2024
19:30 h - Einführung um 19:00 | Foyer Großes Haus

Der ellenlange Schlussapplaus am Premierensamstag für alle Beteiligten macht deutlich: Die in Frankfurt lebende Regisseurin [Ute M. Engelhardt] hat vieles richtig gemacht. Sie legt den Finger in die Liebeswunde, überzeichnet die Figuren prätentiös in ihrem irrlichternden Affekt, erzählt den ersten Akt aus Tatjanas Sicht, den zweiten aus der Perspektive des Lenski, während das Schlussdrittel dem verzweifelten Onegin gehört. Engelhardt nutzt die Drehbühne als Gefühlskarussell, friert Szenen standbildartig ein, wenn sie das Innenleben ihrer pubertären Charaktere verdeutlichen will, und gibt dem Affen Zucker, wenn’s ums Saufen geht oder die innere Zerrissenheit, die sich ableitet aus dieser durch und durch romantischen Adoleszenz ihrer Protagonisten, denen Erde, Wasser und Wodka als Nährboden genügen. […]

Garant für den Erfolg ist das Sängerensemble des Hauses. Grga Peroš hat in der Titelpartie des dandyhaften Großstädters Onegin bärenstarke Momente. Der Bariton ist der Rolle stimmlich jederzeit gewachsen, setzt die Akzente nach Belieben. An seiner Seite steht eine leuchtende Julia Araújo als zu Beginn verträumtes und blitzverliebtes Landei Tatjana. Die Sopranistin verfügt über Stimmfeuer und schauspielerische Wandlungsfähigkeit. Ihre Liebesbriefarie wird zur Hommage an Tschaikowskis Kompositionskunst. Dafür heimst sie Szenenapplaus ein. Beide, Peroš und Araújo, geben ihr Rollendebüt. […]

Das Philharmonische Orchester entwickelt in Komplettbesetzung unter der Leitung seines stellvertretenden Generalmusikdirektors Vladimir Yaskorski ein Gespür für das Süßliche in Tschaikowskis Tonsprache. Aber auch die Dramatik hat der Dirigent taktgenau im Griff. Mit unter anderem sieben ersten Geigen, vier Celli und bravourösen Bläsern wandern die Melodien und Themen zu Herzen gehend durch die Instrumentengruppen. Yaskorskis Lesart hält jeder Überprüfung stand. Selten klingt das Orchester aus dem winzigen Graben heraus so rein und intensiv.

Gießener Allgemeine Zeitung

Der Abend gehört zwei Gießener Publikumslieblingen: In einer fast dreieinhalbstündigen Tour de Force lassen Julia Araújo und Grga Peroš mit jeder Faser ihres Wesens und mit jeder Nuance ihrer Darstellungskunst das Leiden und die Schmerzen ihrer Figuren glaubhaft werden. Es ist ein Stück der verpassten Liebe, und wenn ein Komponist wie Peter Tschaikowski dahintersteht, wird es eine hochemotionale Angelegenheit, die keinen kalt lässt. Immer dann, wenn die beiden aufeinandertreffen, knistert es vor innerer Hochspannung, und das letzte anrührende Duett, in dem beide einander gestehen, "das Glück war zum Greifen nahe", ist an Intensität kaum noch zu überbieten. Kein Wunder, dass der Jubel im vollbesetzten Saal losbrach und minutenlang durchs Stadttheater wogte.

Triumphaler hätte der Premierenabend von „Eugen Onegin“ am Samstag nicht enden können. Erheblichen Anteil daran hat der Orchestergraben: Unter der elan- und temperamentvollen Leitung des stellvertretenden Generalmusikdirektors Vladimir Yaskorski bringt das Philharmonische Orchester Gießen die weitgeschwungene, gefühlsbetonte Musik in kräftigen Farben zum Leuchten. In diesem Drama der großen und ständig wechselnden Gefühle scheut Yaskorski nicht die starken Kontraste von empfindsam bis feurig. So kommen der musikalische Einfallsreichtum und die kompositorische Raffinesse Tschaikowskis in flüssigen Tempi und in einer dynamisch packenden Wiedergabe zum Vorschein, in der immer auch der Schmerz und die Schönheitssehnsucht des Komponisten mitschwingen.

Ein solch klingendes Drama der Gefühle braucht natürlich Bilder, und die liefert das Inszenierungsteam um Gastregisseurin Ute M. Engelhardt, bei der die „lyrischen Szenen“, wie man sieht, in guten Händen sind. […] Bühnenbildner Lukas Noll hat dazu auf der Drehbühne einen zeitlosen Raum geschaffen, der den ländlichen Charakter betont. […] Unverzichtbar dabei ist der Theaterchor, der unter der Leitung des neuen, jungen Chordirektors Moritz Laurer enorme Fortschritte gemacht hat und nicht nur Stimmpracht hören lässt, sondern auch darstellerisch eine wichtige Rolle übernimmt […]

In der russisch gesungenen Aufführung (mit deutschen Übertiteln) gibt die bereits erwähnte Julia Araújo mit ihrem ausdrucksstarken Sopran eine beeindruckende Vorstellung als Tatjana, die sich im Verlauf der Handlung vom schwärmerischen Landei zur reifen Frau wandelt. In der nächtlichen Briefszene durchlebt sie alle Seelenzustände von freudiger Hoffnung bis zur beklemmenden Sorge und im letzten Duett mit Onegin steigert sich ihr Gesang zu dramatischer Wucht. Neben ihr schlägt auch Grga Peroš als Titelheld mit seinem prächtigen Bariton die Zuhörer in seinen Bann. Mit Sonnenbrille und geschulterter Sommerjacke tritt er als Sonny Boy an und bleibt am Ende als tief Verzweifelter zurück.

Gießener Anzeiger

Sowohl Julia Araújo als Tatjana wie auch Grga Peroš als Onegin geben beachtliche Rollendebüts ab und spielen die emotionale Zerrissenheit ihrer Figuren vor allem im Schlussbild aus: Peroš mit kraftvollem, warmtimbriertem Bariton und Julia Araújo mit hinreißender, honigsüßer Phrasierung. Wie sie – getragen durch das sängerfreundliche Dirigat von Vladimir Yaskorski – Töne aus dem Nichts ins Pianissimo zu überführen vermag, mit unmerklich zartem Vibrato, bringt Stille ins Gießener Publikum.

Jana Marković als lebensfrohe Olga überzeugt im Rollendebüt ebenfalls wie Monica Mascus als Mutter Larina mit glänzender Mezzo-Höhe begeistert. Das durchweg gut besetzte Ensemble ergänzen Judith Christ-Küchenmeister als Filipjewna mit rauchig-tiefer Stimmfarbe, Tomi Wendt als Saretzki (beachtlich!), Mathias Frey als Triquet und dem eher zarten Gremin-Bass von Clarke Ruth. […]

Vladimir Yaskorski führt das Philharmonische Orchester Gießen fast intim, unterstreicht Tschaikowskis Melodien teils quälend langsam, teils in beherztem Tempo. Vor allem das Schlussduett von Tatjana und Onegin gerät so zum musikalischen Hochgenuss. Großer Jubel vor ausverkauftem Haus.

Die deutsche Bühne

Das waren drei Stunden voller Intensität und Emotionen rund um die Themen Heranwachsen, Liebe, Eifersucht, Rache und Sich-selbst-Finden. […] Wir erleben wie diese Tatjana vom verträumten jungen Mädchen zu einer taffen Frau heranwächst. Und das verkörpert die Sängerin Julia Araújo stimmlich und schauspielerisch wirklich grandios.

[…] Der Tenor Michael Ha hat eine sehr flexible Stimme. Er hat mir wirklich sehr gut gefallen, das hatte viele Gänsehautmomente.

[Das Orchester spielt] mit ganz viel Leidenschaft, aber immer konzentriert auf das Gesangsensemble. […] Das Orchester hat die Sängerinnen und Sänger ganz engagiert getragen. Und natürlich auch den großen Opernchor, der auch hier wieder richtig gut gefallen hat in seiner Spielfreude, Kraft und Dynamik – das haben die Sängerinnen und Sänger einfach ganz toll ausgestrahlt.

hr2 Frühkritk



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