Bildhauerei fürs Theater

Die beiden bunten Schlangen, die sich in „Zauberdings“ durch die Gießener Innenstadt bewegen, sind gebürtige Dresdnerinnen. Entworfen wurden sie bei unserem Kooperationspartner, der HfBK Dresden unter Federführung von Marieke Chinow und Paul Fenk, welche dann die Schlangen bauten. In einer Kaffeepause in ihrer Werkstatt erzählen die beiden über ihre Arbeit und die Entstehung der Schlangen.

Ihr beide habt Theaterplastik studiert – von diesem Beruf haben vermutlich viele noch nie etwas gehört. Was macht man da so?

Paul: Theaterplastiker*innen sind zuständig für alle plastischen, figürlichen Objekte auf der Bühne. Wir machen aber auch viel Kostümplastik und sind am Theater Bautzen fest angestellt für Puppengestaltung.

Marieke: Manche Leute verwechseln unsere Arbeit mit der von Bühnenbildner*innen. Aber das ist eher das Konzeptionelle, der Entwurf. Wir arbeiten zwar auch viel mit dem Kopf, aber auch mit den Händen. Ich würde sagen: Wir machen Bildhauerei fürs Theater – seien es Gegenstände auf der Bühne oder am Menschen als Requisit oder Puppe.

Paul: Mein Vater hat mal gesagt: Wir müssen billig, schnell und gut fälschen. Meistens sollen die Sachen ja nach etwas aussehen, das es gibt. Und das eben bühnenwirksam, leicht und stabil.

Sind die Schlangen eher Kostüm oder Puppe?

Marieke: Im weitesten Sinne sind es Kostümplastiken, weil sie am Körper getragen werden, zum Teil auch über Halfter. Wir haben dabei auch eng mit dem Kostümbildner Knut Klaaßen zusammengearbeitet, Kostüme und Schlange sind aufeinander abgestimmt.

Paul: Das gilt ganz besonders für die kleine Schlange, die große könnte man auch als Groß- oder Stabpuppe bezeichnen. Das ist eben das Undefinierbare der Theaterplastik.

Ihr arbeitet oft gemeinsam, habt ihr eine Arbeitsteilung?

Paul: Eigentlich nicht. Aber wenn es schnell gehen muss, läuft es oft darauf hinaus, dass wir jeweils das machen, was wir am besten können. Marieke näht sehr gut, aber wenn ich Kostüme für Puppen entwerfe, nähe ich die auch gerne selbst.

Marieke: Paul ist als gelernter Holzbildhauer vertrauter mit den harten Materialien Holz und Metall, ich arbeite gerne mit Schaumstoff und Textilien. Aber prinzipiell haben wir beide eine breitgefächerte Materialkenntnis.

Wie habt ihr die Schlange gemeinsam mit den Studierenden und dem Regieteam entwickelt?

Marieke: Das war für alle eine Herausforderung, glaube ich, weil wir den Prozess dafür erst erfinden mussten. Die Leute von Showcase Beat le Mot haben ihre Idee vorgestellt, und am Ende des Seminars sollte ein Entwurf stehen, den wir beide dann umsetzen.

Wir haben die anderen erst einmal über die praktischen Grundlagen informiert: Welche Tragesysteme gibt es, mit welchen Materialien kann man arbeiten, was muss man hinsichtlich Schwerpunkt, Gewicht und Sicherheit bedenken? Dann haben wir gemeinsam über Zeichnungen künstlerische Ideen entwickelt. Und wir haben die Anforderungen gesammelt: Die Schlangen sollten zum Beispiel ziemlich wasserfest sein, die kleine Schlange sollte von Kindern getragen werden können … So haben wir nach und nach die Ideen und das Machbare zusammengebracht.

Paul: Einige Studierende haben sich besonders intensiv in den Entwurf eingebracht und auch bei der Umsetzung geholfen: Sie haben Farbproben gemacht und beim Nähen der Tragesysteme sowie beim Kaschieren der zahlreichen Schuppen geholfen. 

Ist das oft so, dass ihr auch als Künstlerin und Künstler gefragt seid, oder müsst ihr meistens fertige Entwürfe umsetzen?

Marieke: Das ist ganz unterschiedlich. Paul ist vor kurzem einem Bildhauer bei einem praktischen Problem zur Hilfe gekommen, das war ein rein handwerklicher Auftrag. Bei der Puppengestaltung in Bautzen sind wir hingegen auch künstlerisch gefragt.

Paul: Grundsätzlich muss der Entwurf immer vom Auftraggeber abgenommen werden, und was wir dann bauen, sollte diesem entsprechen. Aber wenn wir an der künstlerischen Idee mitwirken können, ist es umso schöner.

Marieke: Ich arbeite gerade an einer Puppe nach historischem Vorbild. Hier gibt es keinen Entwurf, sondern ich arbeite nach Fotos der nachzubildenden Person. Da muss das Gesicht genau der Vorlage entsprechen.

Habt ihr eure Schlangen schon in Gießen gesehen?

Paul: Noch nicht ...

Marieke: Aber wir kommen natürlich zur Premiere!

Das Gespräch führte Ann-Christine Mecke

Auf den Homepages von Marieke Chinow (https://maripuko.de/) und Paul Fenk (https://holzkunst-paulfenk.jimdofree.com/ ) finden Sie mehr Informationen und Fotos weiterer Arbeiten.

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